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Trauer um ein Kind


Wenn man ein Kind verliert, ist es das Schlimmste, was einem Elternteil passieren kann.

So empfindet man.
Wenn man sein Kind liebt.

Wie bei jeder Trauer um einen geliebten Menschen macht man sich Vorwürfe, man hätte das durch dies oder jenes vielleicht verhindern können – aber das ist müßig und in den allermeisten Fällen auch falsch.
Denn kein Elternteil – oder zumindest in meiner eigenen Vorstellung – will seinem Kind etwas Böses antun, ihm schaden oder nur im Geringsten weh tun.

Natürlich macht man als Eltern nicht alles richtig.
Natürlich versucht man, auch seine eigenen Fehler, zumindest irgendwann einmal, zu erkennen und in Gesprächen zu „bereinigen“.

Aber manchmal geht das nicht, weil das Kind nicht mehr lebt.
Oder das Elternteil. 

Liegt ein Sterbefall vor, kann der hinterbliebene Teil nur noch versuchen, den Verlust zu überwinden. Versuchen, die eigenen Fehler erkennen und zu verdrängen, um irgendwie damit klar zu kommen.

Ein Patentrezept gibt es nicht.

Psychologische Hilfen sind sinnvoll und chancenreich, aber kein Garant für eine Heilung.

Manchmal ist das Kind aber nicht tot, sondern hat sich von einem Elternteil abgewendet.
Wohl dem, der als Eltern dann noch eine Chance hat, mit dem Kind zu kommunizieren!
Aber manchmal wird dieses abgelehnt.
Die Ablehnung ist für das Kind vielleicht sogar sinnvoll, weil das Elternteil schlimmes getan hat, welches das Kind zu verarbeiten hat.
Vielleicht waren die Dinge so schlimm, dass das Kind eine Trennung von dem Elternteil als deutlich bessere Entscheidung für sein eigenes Wohlbefinden empfindet. 

Das ist nachvollziehbar, aber grausam.

Denn das Elternteil hat sich bis dahin sicherlich alle Mühe gegeben, das Kind unter den besten Umständen großzuziehen, hat seine Freizeit, seine Beschäftigungen, seine Sicherheit und sein Schutzwillen und vor allem seine Elternliebe für das Kind gegeben.

Hat das Elternteil dann nicht wenigstens eine Information über die Ursachen der Entscheidung verdient?

Noch viel schlimmer ist, wenn auch das gesamte familiäre und Freundes-Umfeld keine Erklärungen für die Entscheidung des Kindes hat, wenn das Kind bis kurz vor der Entscheidung fürsorglich, aufopfernd war, ganz liebe Briefe geschrieben, Herzchen-Geschenke gebastelt und Danksagungen für die Vaterliebe geschickt hat.

Wenn das Kind sogar nach der Entscheidung bei einem Treffen das Elternteil für zehn Sekunden fest umarmt hat und „ich liebe Dich, Papa“ ins Ohr geflüstert hat.

Und sich dann nie wieder meldet.

Die Trauer um ein Kind ist mit anderen Trauergründen nicht zu vergleichen.
Trauer kann man nicht gewichten, bewerten und vergleichen.

Aber sie reißt einem Elternteil bis an das Lebensende das Herz heraus.

Das alles klingt mehr nach einer eigenen Erfahrung als nach einfachen Gedanken.

Stimmt auch.

Ein tiefes, schmerzendes Loch ohne Grund, ohne Verstehen.